Überraschung in Schwarzenbek: Die Grünen stellen den neuen Bürgervorsteher
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- Veröffentlicht: Dienstag, 03. Juli 2018 11:10

SPD scheitert in 2 Wahldurchgängen mit eigenem Vorschlag
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Schwarzenbek (sun). Zwei vergebliche Versuche, den Willen der SPD durchzusetzen, 45 Minuten Sitzungsunterbrechung und ein überraschter neuer Bürgervorsteher aus einer der kleineren Fraktionen sowie die einvernehmliche Besetzung der Ausschüsse und Posten in der kommunalen Selbstverwaltung skizzieren den Ablauf der Schwarzenbeker Stadtverordnetenversammlung.
Am 2. Juli, dem letztmöglichen Termin nach der Wahl am 6. Mai, wurde die konstituierende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung fortgesetzt, die drei Wochen zuvor unterbrochen werden musste (wir berichteten).
Erneut stand als erstes die Wahl des Bürgervorstehers oder der Bürgervorsteherin auf der Tagesordnung. Und erneut schlug die SPD den Kandidaten vor. Dieses Recht hatte die SPD-Fraktion erst erlangt durch den Wechsel der früheren CDU-Spitzenkandidatin Heike Wladow in die SPD-Reihen. In dieser Sitzung war der SPD-Kandidat Rüdiger Jekubik persönlich anwesend. Bei der Sitzung im Juni konnte Jekubik nicht gewählt werden, da er abwesend war.
Mit Spannung wurde der Ausgang der geheimen Wahl bei den knapp 50 Zuschauern und in den fünf Fraktionen erwartet. 24 der 29 Stadtverordneten waren anwesend. Jekubik erhielt die neun Stimmen der SPD. 15 Stadtverordnete stimmten gegen ihn. Damit war er im ersten Wahlgang durchgefallen.
In einer von der SPD beantragten Sitzungsunterbrechung erkundete SPD-Fraktionschef Maik Picker die Stimmungslage in den anderen Fraktionen. Der Versuch der Einigung scheiterte. Auch im zweiten Wahlgang scheiterte der SPD-Kandidat Jekubik mit demselben Abstimmungsergebnis.
Offensichtlich waren die anderen Fraktionen nicht bereit, den Wechsel Wladows zur SPD und die damit deutliche Verschiebung der Zugriffsrechte auf die städtischen Gremien zu akzeptieren. Von Wählerbetrug war vielfach die Rede, weil das Wahlergebnis mit der CDU als stärkster Fraktion auf den Kopf gestellt wurde.
Rüdiger Jekubik war wenig überrascht von dem Wahlausgang, aber enttäuscht: „Ich meine, dass ich neun Monate dieses Amt als Bürgervorsteher gut ausgeführt habe. Darum hätte ich mir gewünscht, dass die anderen Fraktionen im ersten Wahlgang ein Zeichen setzen wollen, aber im zweiten Durchgang dann für mich stimmen.“
Nach einer 45-minütigen Sitzungsunterbrechung und intensiven Beratungen zwischen und in den Fraktionen zeichnete sich ein Kompromiss ab. Ein Kandidat aus einer der kleineren Parteien, weder aus der SPD noch aus der CDU, sollte es sein. Maik Picker schlug Matthias Schirmacher, den Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/ Die Grünen vor. In geheimer Wahl erhielt er die Zustimmung von 21 Stadtverordneten, drei enthielten sich der Stimme.
Matthias Schirmacher war sichtlich überwältigt von diesem sehr guten Ergebnis und seinem plötzlichen Wechsel an die Spitze der Stadt. Damit besetzen die Grünen nach Wentorf, Börnsen und Aumühle auch in der Europastadt einen wichtigen Posten in der Leitung der Kommunalpolitik.
Helmut Stolze, der als ältestes Mitglied der Stadtverordnetenversammlung die Sitzung bisher geleitet hatte, verpflichtete Matthias Schirmacher als neuen Schwarzenbeker Bürgervorsteher und machte den Platz frei in der Sitzungsleitung.
„Danke für das großartige Ergebnis. Nachdem uns jetzt der Schreck in die Glieder gefahren ist, werden wir uns in der grünen Fraktion in den nächsten Tagen neu sortieren müssen“, bekannte der neue Bürgervorsteher. Von seinen Fraktionsmitgliedern waren nur Roswitha Bellmann und Sven Kirbach anwesend. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Thiel und das fünfte Fraktionsmitglied Maike Thiel erfuhren erst nach der Wahl von dieser überraschenden Wende.
„Wir werden es jetzt hoffentlich schaffen, gut zusammen zu arbeiten und ich werde mich bemühen, als Bürgervorsteher neutral zu sein“, versprach Schirmacher, der seit fast 30 Jahren der Schwarzenbeker Stadtverordnetenversammlung angehört.
Geräuschlos gingen dann die weiteren Wahlgänge über die Bühne. Der erste Stellvertreter des Bürgervorstehers wurde Roman Larisch (CDU, 17 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen) auf Vorschlag der CDU-Fraktion. Zweite Stellvertreterin wurde Sigrid Binder (SPD, 15 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen, eine Enthaltung).
Die Ausschüsse wurden en bloc abgestimmt, ebenso die Ausschussvorsitze. Den Haupt- und Planungsausschuss, der in der nächsten Stadtverordnetenversammlung in zwei Ausschüsse getrennt werden soll, leitet Nils Hilger (SPD). Bauausschuss-Vorsitzender ist Hans-Jürgen Stribrny (CDU), den Finanzausschuss leitet auch zukünftig Hartmut Hintze (FDP/ Freie Bürger, bürgerliches Mitglied). Den Sozial- und Kulturausschuss leitet Rüdiger Jekubik (SPD).
Am Ende der langen Tagesordnung stand die Wahl der beiden Stellvertreter der Bürgermeisterin. Rüdiger Jekubik wird künftig der erste Stadtrat sein mit einem sehr knappen Wahlergebnis. 13 Stadtverordnete stimmten für Jekubik, fünf stimmten mit Nein, sechs enthielten sich.
In der siebten und letzten geheimen Wahl dieser Sitzung stimmten 20 Stadtverordnete für Bernhard Böttel (FWS) als zweiten Stadtrat, einer stimmte mit nein, drei enthielten sich.
Bereits am Donnerstag, 12. Juli, zwei Monate nach der Kommunalwahl, wird die Stadtverordnetenversammlung zur ersten Arbeitssitzung zusammenkommen und noch vor der Sommerpause einige wichtige Entscheidungen auf den Weg bringen. In den vergangenen Tagen hatten die Fachausschüsse getagt und die nun anstehenden Entscheidungen vorbereitet. Ursprünglich war bereits für den 5. Juli eine Stadtverordnetenversammlung angesetzt. Der Termin wurde allerdings von der Kommunalaufsicht einkassiert mit dem Hinweis, dass formell rechtwidrig geladen wurde.